André Malraux: Zwischen Kunstraub und Kolonialismuskritik

Malraux

André Malraux (1901-1976) zählte zu Frankreichs geistiger Elite: preisgekrönter Autor, Kunsttheoretiker und Minister unter de Gaulle. Doch sein Ruf trägt einen Makel: er wurde in jungen Jahren beim Versuch ertappt, Artefakte aus Kambodschas Tempeln zu entwenden. Paradoxerweise gilt er vielen dennoch als Kritiker des Kolonialismus und Verfechter der Rechte Indochinas.

1923 lockte ein Artikel des Archäologen Henri Parmentier den 21-jährigen Malraux und seine Frau Clara nach Kambodscha. Unter dem Deckmantel der Wissenschaft erhielten sie und ihr Gefährte Louis Chevasson Zugang zur Tempelanlage Banteay Srei. Ihr wahres Ziel: Der Raub von Kunstschätzen für den Schwarzmarkt.

Banteay Srei

Mit künstlerischen Reliefs im Gepäck wurden sie in Phnom Penh verhaftet – auf Geheiß George Grosliers, Direktor des Nationalmuseums. Im Juli 1924 fiel das Urteil: drei Jahre Haft für Malraux. Doch eine Berufung in Paris bewahrte ihn vor dem Gefängnis.

Diese Erfahrung wandelte Malraux zum vehementen Antikolonialisten. Er gründete die Zeitung „L’Indochine Enchaînée“ und prangerte koloniale Missstände an. Sein Handeln bleibt umstritten: Für die einen ein Held, für andere Symbol kultureller Ausbeutung.

Malraux selbst zeigte bis zu seinem Tod keine Reue. In einem Interview 1969 beharrte er sogar auf seinem Anspruch auf die entwendeten Statuen.

Sein Fall illustriert die Widersprüche der Kolonialzeit und wirft bis heute Fragen zum Umgang mit kulturellem Erbe auf.

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Titelbild: Wikimedia Commons, Malraux 1933.
Banteay Srei: Wikimedia Commons, The White Duke

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